Blume Foto © Liz Joseph

Die Slowflower Bewegung

Slow – Langsam. Ein Wort, das ich oft genug meinen Kindern nachrufe, wenn sie mit Roller oder Laufrad den Hügel runter brettern. Um uns zu entschleunigen, nutze ich die blumige Vielfalt am Wegesrand. Wir betrachten Pflanzen und überlegen, was das grazile Gewächs sein könnte. In jedem Fall ist es regional gewachsen, von helfenden Mitteln unberührt und eine saisonale Erscheinung. Das ist nur natürlich.

 

Blicke ich auf meine bäuerliche Vase auf dem Küchentisch, gefüllt mit einem Mix aus Wiesenschönheiten und blumigen Gartenfreuden, denke ich an die Schnittblumen, welche zuhauf per Kühllaster nach langen Wegen aus entfernten Ländern zu uns finden. Ich lächle! Denn ich weiß, dass sich seit Jahren eine Bewegung breit macht, die wortwörtlich nachhaltig wächst und gedeiht: Die Slowflower Bewegung.

Im März 2019 gegründet, umfasst der Verein aktuell 208 Mitglieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Großteil arbeitet in kleinen Strukturen alleine oder zu zweit. Die Mitglieder sind ein bunter Mix aus verschiedenen Arbeitsformen. Vollerwerbs- und Nebenerwerbsbetriebe und auch Hobbygärtner sind herzlich willkommen sich der enkeltauglichen Bewegung anzuschließen. Zwei Drittel sind Autodidakt:innen im Bereich der Floristik. Kein Wunder also, dass der Hauptgrund für einen Beitritt, neben dem Bedürfnis nach enkeltauglich gewachsener Blumenpracht, der rege fachliche Austausch ist:

Wir möchten durch unseren Zusammenschluss Aufmerksamkeit und Aufklärung schaffen, uns gegenseitig unterstützen und stärken und dabei eine breite Öffentlichkeit erreichen.

Über 90% der Produktion verkaufter Schnittblumen in der DACH* Region wurde bereits ins Ausland verlegt, so die Bewegung. Hauptgrund ist der immense Preisdruck auf Grund des globalen Handels. Riesige Flächen mit Monokulturen fördern Umweltverschmutzung, immensen Wasserverbrauch und Ausbeutung in Ländern wie Äthiopien oder Ecuador. Darüber wird kaum informiert. Das will die Slowfower Bewegung ändern:

Wir möchten Blumen und die Menschen, die mit ihnen arbeiten, wieder wahrnehmen und wertschätzen. Zurück zur echten Natur, die man sehen, spüren und riechen kann.

Da es keinerlei Herkunftskennzeichnungspflicht gibt, wie das bei Lebensmitteln der Fall ist, wird mit strengen Kriterien für die Mitglieder ein transparenter Rahmen geschaffen, der nicht nur den Willen zur biologischen Floristik zeigt, sondern tatsächlich im besten Sinne nachhaltige Schnittblumen auf den Tisch bringt.

Doch was macht eine nachhaltig gewachsene Schnittblume aus? Von der Wurzel bis zur Blütenspitze ist eine Slowflower ein natürliches Gewächs in vielerlei Hinsicht. Umgeben von gesundem Boden, einer wachsenden Humusschicht und Artenreichtum, gedeiht die bunte Vielfalt im Kreislauf der Natur. Hier entsteht ausschließlich saisonale Farbenpracht – was wächst, das wächst! Nach dem Schnitt wird regional verteilt. Dies aber bitte mit nachhaltiger Verpackung.

Das finden wir natürlich sehr saftig!

* DACH: Deutschland, Österreich, Schweiz

Du willst mehr über die Slowflower Bewegung wissen? Vielleicht Mitglied werden? Alle Informationen findest du unter: slowflower-bewegung.de

Tipp: Der Instagram Kanal @slowflowerbewegung wird jede Woche von einem anderen Slowflower-Mitglied betreut. Die wunderschönen Eindrücke und Gedanken sind immer wieder eine kleine wohltuende Reise. Klick dich rein!

Erde in Händen © Gabriel Jimenez
Biene in Blüte © Amy Lynn Grover
Regionale Blumenlieferung © Soff Garavano Puw

[Erschienen in der SAFTIG Ausgabe: FARBGEFLÜSTER]

Foto © Liz Joseph, Gabriel Jimenez, Soff Garavano Puw, unsplash
Text © Anna Schumann

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